Norwegen: Das Wetter bestimmt den Kurs

Einzigartig – Mystisch – Überwältigend

Nachdem ich im Februar 2020 mit der Hanseatic Inspiration die Antarktis erkundete, begab ich mich im Juni mit dem Schwesternschiff, der Hanseatic Nature (Baujahr 2019, Eisklasse 6,193 Passagiere) von Hamburg aus nach Norwegen und Spitzbergen.

Nach einem Tag auf See, gefüllt mit Seenotrettungsübung und Gummistiefel-Anprobe) war unsere erste Station (3. Juni) die Stadt der Fjorde, wie BERGEN am Inneren Byfjord an der Westküste Norwegens genannt wird. Die bunten Holzhäuser an der alten Landungsbrücke im Stadtteil Bryggen sind nicht nur hübsch anzusehen und ein charmantes Fotomotiv, sondern sind auch ein Bestandteil der ursprünglichen Bauweise aus Holz. Heute allerdings die Heimat vieler kleiner Shops, da Wohnungen nicht mehr zugelassen sind. Das reizende Städtchen verführt zum Bummeln, vorbei am ausgezeichnet sortierten Fischmarkt, an Blumenläden, Cafés und einer Statue des Komponisten Edvard Grieg. Ein besonderes Highlight ist es, die Stadt von oben zu betrachten. Die Floy (Floi)-Standseilbahn brachte mich auf das Bergplateau des Floyen, wodurch ein großartiger Ausblick auf die Stadt möglich war. Ein kurzweiliger Fußmarsch führte zurück ins Zentrum. Wenn genügend Zeit verbleibt, empfiehlt sich ein Besuch eines der zahlreichen Museen wie das KODE oder das Bergen Kunstmuseum. Wer noch höher hinauf möchte, kann die Seilbahn auf den 640 Meter hohen Ulriken nehmen und wenn es das Wetter zulässt, hat man einen Rundum-Blick über die Stadt, die umliegenden sieben Berge und das Meer.

Herzstück der Fjorde

Norwegen bedeutet steil aufragende Felswände, schroffe Berge, rund 300.000 Inseln, idyllische Fjorde, tausende (und tosende) Wasserfälle, teils geringe Besiedelung und endlose unverbaute Landstriche. Von Bergen beginnend, reiht sich ein Fjord nach dem anderen und die grandiose Szenerie bietet alles, was in Büchern und Bildbänden beschrieben wird. 135 Seemeilen weiter an einem Seitenarm des längsten Fjords in Norwegen, dem Sognefjord, erreichten wir FLÅM am Aurlandsfjord (Provinz Vestland) mit seinen 450 Einwohnern. Das Wetter war traumhaft und lud zu einem Ausflug mit der Flåmbahn ein. Die eingleisig gebaute Bahn ist die steilste Normalspurbahn Europas und führt durch eine atemberaubende, wilde Landschaft bis zum 866 Meter hochgelegenen Myrdal durch eindrucksvolle Kehren und Tunnel. Über eine Distanz von 20 km überwindet sie dabei einen Höhenunterschied von 865 m. Von hier stiegen wir in die Bergenbahn um, die uns durch das Rauntal nach Voss und nach einer Busfahrt vorbei an gefälligen Bächen, Seen und markanten Wasserfällen nach Vik und zu unserem Schiff retour brachte.

Touristenmagnet Geiranger

Nach weiteren 226 Seemeilen (419 km) erreichten wir im Westen Norwegens den GEIRANGERFJORD, UNESCO Weltkulturerbe seit 2005 und Touristenanziehungspunkt. Schon die Einfahrt in den rund 15 km langen und zwischen 0,6 und 1,3 m breiten Nebenarm des Sunnylvsfjord ist überwältigend. Steile Felsen ragen an beiden Seiten des Fjordes mehrere hundert Meter in den Himmel. Das Schiff glitt langsam vorbei an den Wasserfällen mit einer besonderen Geschichte – Brautschleier, Sieben Schwestern und Freier – und ankerte am Ende des gewundenen Wasserweges vor dem kleinen Ort mit normalerweise 250 bzw. 2.000 Einwohner in den Sommermonaten. Die engen Straßen zu den Sehenswürdigkeiten im Hinterland sind meistens stark frequentiert. Uns war das Glück hold und bei prachtvollem Wetter mit blauem Himmel und Sonnenschein nahmen wir mit einem Bus die kurvige Straße auf den Dalsnibba. Erlebnisreich die Landschaft, die nach den ersten Steigungen schneebedeckte Gebirgszüge präsentierte. Eindrucksvoll die Aussicht von der 1.476 Meter Erhöhung bis zum 1,7 km entfernten Geirangerfjord. Mein Highlight war der Blick von der Adlerkehre aus 624 m Höhe. Elf Serpentinen sind zu erklimmen, ehe die Anhöhe erreicht wird. Der kleine, spezielle Fjord gilt als einer der schönsten Fjorde Norwegens und der spektakuläre Ausblick lohnt sich wahrlich. Der Tag verlief einfach großartig und wurde durch ein superbes Dinner im Spezialitätenrestaurant des Schiffes mit Blick auf die aufragenden Felsformationen noch unterstrichen.

Nach einem weiteren Seetag mit Vorträgen über norwegische Polarforscher und dem traditionellen Pölser-(Würstchen)-Lunch befanden wir uns mittlerweile im Gebiet der Mitternachtssonne.

Auf der Nordhalbkugel

Die Überquerung eines Polarkreises ist normalerweise etwas Besonderes. Wir erreichten den NORDPOLARKREIS bei 66°33,9´N und 013°06,6´E gegen 2.00 Uhr in der Nacht. Somit fiel die Polarkreistaufe aus Rücksichtnahme auf die schlafenden Gäste aus. Das Erspähen der kleinen Statue mit Globus auf Viking Island war aufgrund der verhangenen Wolkendecke auch nicht einfach, obwohl ich mich redlich bemühte, den exakten Punkt zu erspähen.

Nach der Zodiac (Schlauboot)-Einweisung für die Anlandungen stieg die Vorfreude auf die kommenden Ausflüge. Wir waren gerüstet, die Expeditionen konnten beginnen.

Das Wetter bestimmt den Kurs

Eigentlich wollten wir nach 510 nautische Meilen (944 km) Svolvaer auf den Lofoten anlaufen. Ein Wetterumschwung mit starkem Wind erzwang aber eine Kursänderung und so steuerten wir zuerst Tranøy an, bevor es auf die Lofoten weiterging. TRANØY an der Südseite der Insel Senja entpuppte sich als ein wilder, rauer Fleck und erinnerte mich an Nova Scotia/Kanada. Nach dem ersten Anlegemanöver mit den Schlauchbooten gab es einen Landgang mit einem neun Kilometer langen Fußmarsch hin und zurück zum 28 m hohen Leuchtturm. Stürmische Windböen verhinderten ein langes Verweilen, obwohl bei schönem Wetter die gesamte Lofoten Kette zu sehen ist.

Kreuzen im Trollfjord

Der Morgen des 8. Juni bescherte uns einen besonders schönen Fjord. Der Trollfjord, ein Seitenarm des Raftsunds, ist mit seiner 2 km Länge relativ kurz, aufgrund seiner maximalen Breite von 100 m sowie den steil aufragenden Erhöhungen aber unglaublich spektakulär. Langsam und bedächtig schob sich unser Schiff bis zum Ende des Fjords, wo es gerade so viel Platz hatte, um auf der Stelle umdrehen zu können. Wäre dies nicht schon beeindruckend genug gewesen, überraschte man uns mit live gespielter Saxophon-Musik.

Meet the Vikings

Am Ende der ersten Woche erreichten wir die LOFOTEN. Die Inselgruppe in Nordnorwegen mit rund 80 Inseln ist ein Must auf jeder Norwegen Kreuzfahrt. Auf Postkarten und in Bildbänden präsentieren sich die wenigen Ansiedlungen mit bunten Häusern, steilen Bergen, tiefen Tälern und feinen Sandstränden pittoresk und malerisch. Es stimmt, aber nur beinahe. Der Ort SVOLVAER mit seinen 4.000 Einwohnern ist wirklich hübsch anzusehen, allerdings ist das Highlight der Reiseveranstalter in Borg ein 83 Meter langes Haus aus der Wikingerzeit, welches in seiner vollen Größe restauriert und mit Gebrauchskunst und archäologischen Funden ausgestattet wurde. Für eine Fahrtstrecke von einer Stunde hin und einer Stunde retour ein geringes Vergnügen, wäre nicht die wirklich überwältigende Szenerie einzelner Erhöhungen, die laut Sagen versteinerte Trolle sein sollen. Als wir neben der Straße auch noch einen riesigen Elch erblickten, wurde der Ausflug doch noch spannend.

 

Immer höher bewegte sich unser Schiff in den Norden und wir kamen am nächsten Nachmittag (9. Juni) bei unserer letzten Destination in Norwegen an: im Nebel als Ausgangspunkt zum Nordkap.

Nordkap auf 71°10´21´´N

Norwegen ist mit seiner Natur ein großartiges Land. Ziel meiner Reise war auch den offiziell nördlichsten Punkt Europas zu besuchen, eigentlich dem vermeintlichen nördlichsten Punkt Europas zu besuchen, das NORDKAP (norwegisch Nordkapp). Vermeintlich deshalb, da neben dem Nordkap die Landzunge Knivskjellodden noch weiter in die Barentssee hineinragt und auch das zu Norwegen gehörende Spitzbergen ist rund 800 km Luftlinie weiter nördlich gelegen. Das Kap mit dem bekannten Globus ragt auf der Norwegens nördlichsten bewohnten Insel Mageroy (Mageroya) 307 Meter über dem Meeresspiegel ins Nordpolarmeer und ist die zweit-nördlichste Spitze des europäischen Festlandes. Hier fällt der Blick auf die Weite der Barentssee, wo der Atlantik auf die Arktis trifft. Die Sonne geht von Mai bis November nicht unter, umgekehrt ist es monatelang von Dezember bis Mai zappenduster. Die Fahrt vom Fischereihafen Honningsvåg über zahlreichen Hügeln dauert ca. 50 Minuten, vorbei an einer kargen Landschaft, vereinzelten Rentierherden, Seen und wenig Zivilisation. Auf Mageroya haben die Orte zwischen 60 und 450 Einwohner. Bevor das Plateau erreicht wurde, überquerten wir den 71. nördlichen Breitengrad. Der Besuch des Kaps mit seinem Globus (das Wahrzeichen markiert das geographische Ende Europas, den nördlichsten Punkt des kontinentalen Festlandes) verlief überaus stürmisch. Etwas abseits gelegen ist das Denkmal der Kinder der Welt. Die Bilder sind von sieben Kindern aus verschiedenen Teilen der Welt erstellt worden. Sie symbolisieren Freundschaft, Zusammenarbeit, Hoffnung und Freude.

 

Fazit: Norwegen ist ein tolles Land. Es war eine sehr schöne Reise wegen der großartigen Landschaft, neuen Freunden, interessanten Gesprächen, einer hervorragenden Verköstigung – und lustig war es auch!

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