Kanada II: Rundreise durch den herrlichen Osten

In meinem ersten Beitrag über meine Reise durch Kanada habe ich von der Millionenmetropole Toronto und dessen multikulturellen und pulsierenden Lifestyle berichtet. Nachdem die unzähligen Wahrzeichen und Aussichtsplattformen der größten Stadt Kanadas erobert wurden, ging es mit dem Flugzeug weiter in den Osten auf die Insel Nova Scotia.

Nova Scotia: Eine Insel der Leuchttürme

Das erste, das einem in Nova Scotia ins Auge sticht, ist die Landschaft gesäumt mit Wäldern und Wasser. Teilweise fühlt man sich nach Schweden oder namensgerecht nach Schottland und dessen Highlands versetzt.

Halifax ist die Hauptstadt der Provinz Nova Scotia mit über 400.000 Einwohnern und schwer mit Worten zu beschreiben. Das Stadtbild ist eng verbaut und wird ständig um neue (Hoch-)Häuser erweitert. Halifax besitzt einen schöne Promenade am Wasser, auf der Touristen und Einheimische spazieren gehen. Von Halifax weg führt die kurvenreiche Küstenstraße, auf der eine Fahrt gut doppelt so lange wie in Österreich dauert. Erste Station auf meiner Lighthouse Route war Peggy’s Cove. Das Fischerdorf präsentiert den ersten von etlichen nachfolgenden Leuchttürmen entlang der Atlantikküste. Die Leuchttürme sind wahre Touristen Hotspots, jeder möchte ein Postkarten Foto dieser ikonischen Gebilde ergattern.

Pittoreskes Mahone Bay

Entlang der Küstenstraße ging es weiter in den Süden bis Mahone Bay an der gleichnamigen Bucht. In diesem hübschen Städtchen gibt es wenige Häuser, wenig Einwohner und auch ein Restaurant ist ohne Hilfe schwierig zu finden. An dieser Stelle war es wieder einmal die kanadische Freundlichkeit, die aus der hungrigen Krise half. Flugs wurde mir der Weg zu einem äußerst gemütlichen Lokal gezeigt – und zwar von einem deutschen Einwanderer. In diesem Lokal konnte ich einen köstlichen Lachs genießen, während auf dem Nachbarstisch deutsche und schottische Nachfahren saßen und miteinander plauderten.

Fish or No Fish in Lunenburg

Die nächste Station auf der Route war Lunenburg. In dem 2.000 Einwohner Ort lassen sich entzückende und historisch gut erhaltene Häuser und Kapitänsvillen in den unterschiedlichsten Farben bestaunen. Entgegen vielerlei Gerüchte geht der Name der Hafenstadt nicht auf die deutsche Stadt Lüneburg zurück, sondern auf George II., König von England, der als Teil des Hauses von Hannover den Titel Herzog von Braunschweig-Lüneburg trug. Besonders nett war das Hotel Lunenburg Arms & Spa mit Blick auf den Hafen und dem stolzen Schiff Bluenose II. Darüber hinaus serviert die Hafenstadt, die auch dem UNESCO-Weltkulturerbe angehört, köstlichen Hummer.

Nach Lunenburg sollte der Weg entlang der Ostküste über Liverpool bis nach Yarmouth auf die andere Seite der Halbinsel führen. Da die Fahrt dorthin zu lange gedauert hätte, wurde der Weg durch das Landesinnere gewählt, vorbei an zahlreichen idyllischen Seen und Landstrichen, die kaum oder gar nicht besiedelt sind. Streckenweise war man auf der Straße völlig allein unterwegs und auch die Umgebung war menschenleer. Ein seltenes Erlebnis, das eindrücklich in Erinnerung bleibt.

Abenteuer auf Brier Island

Spannend wurde es auf der Westseite von Nova Scotia. Zuerst ging es nach Digby, eine Stadt, die an einem unglaublich großen See liegt und an dessen Ufer man das Spiel der Gezeiten bestaunen kann. Bei der Durchfahrt war gerade Ebbe, das Wasser hatte sich meterweit zurückgezogen und hinterließ einen Strand aus braunem, erdigem Matsch. Digby ist der Ausgangspunkt zur Bay of Fundy, die berühmt ist für seine Whale Watching Touren. Am besten eignet sich dafür Brier Island an der St. Mary’s Bay, weshalb die Insel als Nächstes angepeilt wurde. Um dorthin zu kommen musste ich allerdings mit Zwischenstation über Freedom Island zweimal eine Fähre nehmen. Ist man endlich auf der Insel angekommen, fühlt man sich wie am Ende der Welt.

Auf Brier Island herrscht traditionell der Fischfang vor. Wegen des rauen Wetters müssen die Häuser den widrigsten Bedingungen von Windböen, Regen und kalten Temperaturen sowie salzhaltiger Meeresluft trotzen. So präsentierte sich auch das Hotel einfach, aber stabil konstruiert und war durch die braune Fassade kaum vom Erdboden zu unterscheiden. Die Küche leistete wiederum sensationelle Arbeit: Es wurde ein tolles Frühstück aufbereitet und ein erstklassiges Fish and Chips serviert. Brier Island selbst ist nicht sehr groß, birgt jedoch so einige Highlights. Neben Leuchttürmen war eine Kolonie von Seelöwen zu bestaunen, man konnte den Hummerfang live miterleben und auch die täglichen, wetterabhängigen Ausfahrten zum Whale Watching beobachten. Mit einem Zodiac ging es dann auch für mich aufs offene Meer hinaus. Aufgrund des schlechten Wetters hatte das Schlauchboot enorm gegen die Wellen zu kämpfen. Umso größer war die Ungewissheit, ob sich auf dieser Fahrt überhaupt ein Wal oder gar mehrere blicken lassen würden. Das kanadische Glück war jedoch mitgereist. Auf einmal tauchte ein Wal neben dem Boot auf und prustete los – gleich darauf folgten zwei weitere dieser schönen Tiere. Als der Größte von den Buckelwalen seine Schwanzflosse in die Höhe schlug, konnte sich niemand auf dem kleinen Boot mehr mit Jubelschreien zurückhalten. Wegen des heftigen Seegangs waren nur leider keine Fotos möglich. Die Wale zogen davon, das Zodiac hinterher und schon stießen wir auf einen Schwarm von Delfinen, die das Boot kurze Zeit begleiteten. Als wäre es nicht schon genug der berauschenden Glücksmomente, tauchte noch ein Minkwal knapp vor dem Boot auf und schwamm unbeirrt an uns vorbei. Eine unglaubliche Erfahrung!

Annapolis Royal

Den Abschluss auf Nova Scotia bildete Annapolis Royal. Die Häuser der knapp 500 Einwohner Gemeinde stehen allesamt im Grünen, hier grenzt kein Zaun an den anderen – denn Grenzzäune oder Hecken gibt es, wie so oft, nicht. Der Ort erinnert durch sein offenes Konzept, den vielen Grünflächen und etlichen historischen Bauten mit britischem und französischem Einschlag an eine Filmstadt. Tatsächlich gilt Annapolis Royal mit dem Gründungsjahr 1605 als die älteste europäische Siedlung in Kanada. In der Umgebung stechen zudem die etlichen Obstbäume hervor. Wegen des guten Bodens und milden Klimas wird hier Landwirtschaft betrieben – angeblich liegt einem an diesem Ort sogar die größte Apfelplantage Ostkanadas zu Füßen.

Mein Hotel in Annapolis Royal, das Queen Anne Inn, entpuppte sich als Kleinod eines Bed & Breakfast. In viktorianischem Stil erbaut war es zuerst eine private Residenz von William Ritchie und Fanny Foster und war nach mehreren Besitzerwechseln im 19. Jahrhundert auch ein Internat für Buben. Das Gebäude ist von den jetzigen Beisitzern Kate und László Tánczos sowohl außen wie auch innen äußerst liebevoll renoviert. Zum Wohlfühlen wurde ein Leseraum eingerichtet, britisch ist der charmante Frühstücksraum, malerisch sind die geblümten Tapeten und die alten Holzmöbel haben Flair.

Neben den Engländern und Franzosen haben auch die Österreicher den kleinen Ort für sich entdeckt: Sehr zu empfehlen ist das Restaurant Compose, dessen Eigentümerin aus Vorarlberg kommt. Entsprechend fällt die Menükarte mit stark österreichischem Touch aus. Unter anderem findet sich Wiener Schnitzel, Kaiser Schnitzel oder Apfelstrudel darauf wieder. Aber auch regionale Spezialitäten wie Jakobsmuscheln sind ein Gedicht.

Frankophiles Montreal

Von der Insel zurück im Landesinneren stattete ich noch Montreal einen Besuch ab. Die rund 1,7 Millionen starke Metropole wirkt sehr frankophil mit all den kleinen, schicken Lokalen und Restaurants. Schön anzusehen waren auch die Blumenarrangements, da etliche Blumentröge die Straßen säumten und selbst auf den Straßenlaternen waren florale Dekorationen aufgesteckt worden. Montreal besitzt einen romantischen Charme und eine florierende Restaurant-Kultur.
Etwas, das sich der Europäer von den Kanadiern abschauen kann, ist der Umgang mit Zeit. In Kanada läuft alles gemächlicher und entspannter ab, was durchaus angenehm ist.

Die Reise quer durch Kanada war nicht immer von gutem Wetter begleitet, obwohl auch das sehr abwechslungsreich war. So herrschte an der Atlantikküste um die 14 °C vor, versehen mit Wind und Wolken, während andernorts in Montreal die Sonne die Umgebung auf stolze 36 °C aufheizte, als befände man sich gerade im Süden Floridas. Kanada ist wirklich facettenreich!

 

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